Architects im Schlachthof Wiesbaden
Es läuft gut für die Metalcore-Streber von Architects in 2017. Ausverkaufte Shows auf ihrer „biggest headlining tour so far“ (wenn man dem Sänger Carter Glauben schenken mag), sowie eine Verlängerung in 2018, bei welcher die Briten im nächsten Jahr nochmal für 2 große Hallenkonzerte in Berlin und Köln gastieren.
Dabei hat die Band schon Schicksalsschläge hinter sich, die andere Combos bestimmt zur Auflösung gebracht hätten. Der tragische Tod des Gitarristen und Songwriters Tom Searle, der mit seinem Bruder, Drummer Dan Searle, zu den Gründungsmitgliedern gehörte, brachte die Band an einen Tiefpunkt. Der stetig wachsenden Fangemeinde ist es wohl zu verdanken, dass die Band ein mittlerweile sieben Studioalben umfassendes Repertoire vorweisen kann und sie zu den Großen des Genres gehören.
Am heutigen Abend wollen die fünf Jungs aus Brighton im prall gefüllten Schlachthof in Wiesbaden unter Beweis stellen, dass sie dem Metal- und Mathcorefan etwas zu bieten haben. Mit dabei sind Fit For An Autopsy und While She Sleeps. Die überraschende Absage der zuvor aufgelösten Wolf Down aufgrund von Sexismusvorwürfen wabert nur kurz durch die sozialen Medien und verliert sich leider viel zu schnell in der Bedeutungslosigkeit. Dass die Metal- und Hardcoreszene aber dennoch ein Bewusstsein für dieses Problem hat, stellt Sam Carter ein paar Tage später unter Beweis, als er auf einem niederländischen Festival die Show unterbricht, um einen grabschenden jungen Mann im Publikum in den Senkel zu stellen. Gut zu wissen, dass die Burschen das Herz noch am rechten Fleck haben.
Den Einstieg liefern also Fit For An Autopsy, die mit energetischen Metal-/Deathcore die gut gelaunte Menge in Wallung bringt. Dabei setzen die aufstrebenden While She Sleeps aus Sheffield noch einen drauf und mischen erstklassig brachiale Riffs mit eingängigen Refrains, die dem Publikum wohlbekannt zu sein scheinen, was durch Mitgesänge quittiert wird. Dabei wirbelt Sänger Loz Taylor unermüdlich über die Bühne und wirft seine Mähne. Die Stimmung steigt und als die Bühne in dunkles Blau getaucht wird ist jedem im Raum klar, dass man sich dem nun Folgenden kaum entziehen kann.
Das erste Riff ertönt, immer noch sind die Bandmitglieder nur als Silhouetten wahrnehmbar, doch der heranrollende Sturm ist spürbar und bereits die ersten Zeilen des Openers „Nihilist“, die Sänger Sam Carter ins Mikro schreit, werden vom Publikum mitgetragen. Was folgt ist ein energiegeladenes Set mit einer unglaublich stimmungserzeugenden Lightshow. Die Bühne ist stets in kühles Blau, intensives Rot oder in gleißende Weißtöne getaucht, und trifft die Wucht eines melodiösen Refrains oder eines exakten Breaks auf das Trommelfell des Zuschauers zischen CO2 Fontänen in die Luft.
Längere Dankesreden des Sängers über die Qualität des deutschen Publikums und eine kleine Geburtstagseinlage für ein Bandmitglied zeigen aber auch die Menschen hinter dieser ungemein professionellen Show, welche nach ca. 90 Minuten ein Ende findet und die jungen Fans weiblichen und männlichen Geschlechts glücklich und heiser in die Nacht entlassen. Die Zeiten, als Metal nur ein vorwiegend männliches Spartenpublikum in die Venues gelockt hat, sind sicherlich längst vorbei. Und auch der Metalcore wird uns noch länger erhalten bleiben. Dies wurde an diesem Abend eindrucksvoll unter Beweis gestellt.