Avantasia in Frankfurt: Tobias Sammet fasziniert mit All-Star-Band

Wenn sich der Vorhang bei Avantasia hebt, beginnt ein musikalisches Spektakel, das weit mehr als nur ein Konzert ist. So war es auch am 5. April 2025, als Tobias Sammet mit seinem Rock- und Metal-Projekt in die Jahrhunderthalle nach Frankfurt einlud. Im Rahmen seiner großen Europatournee zum aktuellen Album „Here Be Dragons“ – dem zehnten in der langen Geschichte von Avantasia – lieferte der Komponist und Musikproduzent in fast drei Stunden eine unterhaltsame Bühnenshow mit einem hochkarätigen Star-Aufgebot ab.
Für den aus dem nahegelegenen Fulda stammenden Sammet war es fast ein Heimspiel. Schon lange vor Konzertbeginn herrschte eine gespannte Vorfreude – das Stimmengewirr in der langen Schlange vor dem Eingang, das erwartungsvolle Fachsimpeln im Kuppelsaal kündigte einen besonderen Abend an. Mit laut Security etwa 4200 Menschen war die Jahrhunderthalle bestens besetzt und so gut wie ausverkauft.
Mit etwa 15 Minuten Verspätung fiel endlich unter frenetischem Jubel der riesige Vorhang, auf dem in übergroßen Lettern das Logo zu lesen war, und Avantasia eröffnete mit dem düsteren Opener „Creepshow“. Die Bühnenszenerie präsentierte sich im opulenten Stil: Eine düstere Kulisse mit heißen Feuerfontänen umgeben mit gotischen Metallzäunen mit altem Gemäuer und einer gewaltigen LED-Wand im Hintergrund, die das Geschehen atmosphärisch untermalte.
In den kommenden drei Stunden folgte ein mitreißender Mix aus Songs des Nummer-eins-Albums, wie etwa dem Titelsong „Here Be Dragons“, und bekannten Klassikern – präzise gespielt, kraftvoll gesungen und mit viel Liebe zum Detail inszeniert. Dabei wirkte alles professionell und harmonisch. Gastsänger wie Eric Martin (Mr. Big), Tommy Karevik (Kamelot), Kenny Leckremo (H.E.A.T.) und der derzeit gesundheitlich angeschlagene Ronnie Atkins (Pretty Maids) sorgten für emotionale wie furiose Momente. Komplettiert wurde die All-Star-Band durch Adrienne Cowan (Seven Spires), Herbie Langhans (Firewind) und Chiara Tricarico (Moonlight Haze), die nicht nur im Background glänzten, sondern auch im Leadgesang überzeugten.
Das instrumentale Fundament legten Gitarrist Sascha Paeth, Arne Wiegand, Keyboarder Miro Rodenberg und Drummer Felix Bohnke, der scheinbar unermüdlich und kraftvoll auf seinen Drums hämmerte. Auch wenn einige Stimmen wie Michael Kiske oder Bob Catley dieses Mal nicht dabei waren, tat das der Qualität keinen Abbruch. Das Ensemble wirkte eingespielt, und Sammet führte teils ausschweifend, mit dem ihm eigenen Humor, durch den Abend: „Ich bin ja kein Mann der vielen Worte“, sagte er selbstironisch mit einem Augenzwinkern. Der charmante 47-Jährige lobte seine Fans in Frankfurt und meinte, es sei das bisher beste Publikum auf der Tour; was man bei seinem Heimspiel eben so sagt. Aber wie auch immer: Die Stimmung war tatsächlich riesig. Die Fans feierten Song für Song, stimmten immer wieder „Tobi! Tobi!“ an und sangen lauthals mit.
Auf der Bühne gab es reichlich Highlights: Von „Reach Out for the Light“ mit Cowan über „The Witch“ mit Karevik, „Devil in the Belfry“ mit Langhans oder „Phantasmagoria“ mit Atkins bis hin zu „Against the Wind“ mit Leckremo bot sich den Fans wie gewohnt eine außergewöhnliche Star-Dichte. Besonders gefeiert wurde Eric Martin, der bei „What’s Left of Me“ und „Dying for an Angel“ das Publikum komplett auf seiner Seite hatte. Bei „The Toy Master“ saß Sammet mit Gehstock wie der Herr der Unterwelt auf einem riesigen geflügelten Thron, aus dessen Lehne Flammensäulen emporstiegen – ganz im Stil von Alice Cooper, der auf dem Erfolgsalbum „The Scarecrow“ das Lied miteinspielte. Das gleichnamige Titellied wurde später von Atkins interpretiert. Bei Songs wie „Promised Land“, „Twisted Mind“, „The Wicked Symphony“ und „Shelter from the Rain“ zog sich Tobias Sammet etwas aus dem Rampenlicht zurück und überließ es den Gastsängern, das Publikum im Duett zu begeistern.
In der Zugabe lag der Fokus wieder stärker auf dem Avantasia-Mastermind selbst. Während im Hintergrund die Flammensäulen hochschossen, leitete Sammet mit „Lucifer“, „Lost in Space“ und dem epischen Medley „Sign of the Cross / The Seven Angels“, bei dem alle Gastmusiker gemeinsam auf der Bühne standen, das grandiose Finale ein. Im Konfettiregen und unter frenetischem Applaus verabschiedete sich Tobi mit seiner All-Star-Formation aus der Jahrhunderthalle und beendete einen Konzertabend, der kaum Wünsche offenließ.
Avantasia bleibt ein Ausnahmeprojekt in der Rock- und Metalwelt: theatralisch, durchdacht, leidenschaftlich. Was Tobias Sammet auf die Bühne bringt, ist mehr als nur ein Konzert – es ist eine musikalische Reise in eine andere Welt.