Die Rückkehr der H-Blockx oder It’s Time to move in Frankfurt
Dass die Neunziger zurück sind, ist kein Geheimnis. Skaterklamotten, MTV (Music Television), Crossover und somit auch die H-Blockx, die mit viel altem (yes!) und ein wenig neuem Material zu Besuch in den renommierten deutschen Clubs sind und Fans mit ihrer Musik beglücken. Für uns geschieht dies auch noch in der nicht nur an diesem Abend vielfach gepriesenen Frankfurter Batschkapp, wo wir uns am 30.10.2024 davon überzeugen konnten, dass die vier Münsteraner (und deren special guests) es noch können, den Raprock, äh den Hardcorerockfunk mit Rap, eben den beinahe totgeglaubten Crossover.
It‘s a loffer poffer ding dong – Es ist fast wie beim Klassentreffen, wenn vorwiegend Gleichaltrige sich in die Batschkapp wälzen, um eine gemeinsame Zeitreise anzutreten. Kurz gesagt: es versammeln sich einfach alle Menschen, die in den Neunzigern genug Zeit hatten, Musik zu hören. Sicherlich gab es viele verschiedene Musikstile in jenem Jahrzehnt, aber Crossover haben die meisten nicht unbedingt bewusst gehört – es war einfach plötzlich da – so wie die H-Blockx. Und sie haben uns etwas hinterlassen, was heute wieder zum Vorschein kommt: Das Debütalbum „Time To Move“ feiert dieses Jahr 30-jähriges Jubiläum. Es genießt Kultstatus und ist, sorry Jungs, einfach das Werk mit der größten Hitdichte. Dazu später mehr.
Der kurzweilige Abend beginnt unterhaltsam mit dem außergewöhnlichen Georg auf Lieder, der mit viel Selbstironie und seiner Gitarre anfangs kaum die Bühne füllt. Zumindest scheint dies so, jedoch entpuppt sich Georg als grandioser Geschichtenerzähler und als wahre Stimmungskanone. Mit kleiner Parlor Gitarre spielt er sich punkig-poppig in die Herzen des Publikums, das sich sofort mitreißen lässt. Doppelbödig-ironische Ansagen, eine überraschend emotionale Stimme und aufrichtige Texte über die komplexe Schlichtheit des Lebens und über die Liebe verleihen Songs wie „Goodbye Hamsterrad“, „Tarzan und Jane“ oder dem Opener „Schwer in Ordnung“ einen ganz eigenen Charme und bringen das Publikum überraschend schnell auf Betriebstemparatur. Hinzu kommen die Animateurqualitäten des Troubadours, der es mit listiger Argumentation schafft, dass das anspruchsvolle Frankfurter Publikum schon beim ersten Lied mitsingt und -klatscht.
Als der Hamburger Klampfbube unter anerkennendem Applaus die Bühne verlässt, fallen uns sofort wieder die beiden übergroßen Haifischportraits auf, zwei große Weiße kurz vor dem Zubeißen, die in Anlehnung an das Cover des Erfolgsalbums „Time To Move“ das folgende Programm einläuten sollen. Die Anspannung steigt. Zu „Radio Gaga“ und aus einer Nebelwand heraus erscheint die Band nach und nach, hinter einer Barriere aus Nebel und Scheinwerferlicht erscheinen Podeste und ein zentral platziertes Schlagzeug. Allen Bandmitgliedern wird so ein gleichberechtigter Platz auf der Bühne eingeräumt. Dies zeigt sich auch, als der Einspieler in den Opener „Countdown to Insanity“ übergeht. Die Band wirkt tight und eingespielt, auch wenn es noch ein paar Lieder braucht, bis sich jeder richtig warm gespielt zu haben scheint. Im uniformen Look ganz in Schwarz und mit hochgezogenen Crew Socks, gibt man sich bewusst als Band, nicht als Einzelkünstler. Die Show bietet einen wunderbaren Querschnitt durch die Alben, wobei doch den Songs von „Time to Move“ ein größerer Anteil eingeräumt wird. Dies wird deutlich, als ein erstmals ein Gast auf die Bühne gebeten wird. Niemand geringerer als der ehemalige Sänger Dave Gappa, der bei der Urbesetzung dabei war, gesellt sich unter lautem Applaus zur Band, die uns mit einem energetischen Time-To-Move-Medley einen ersten Höhepunkt beschert und noch mehr Bewegung auf die Bühne bringt. Still steht im Saal nun keiner mehr!
Nach einem kurze Einspieler kehrt die Band zu „Move“ wieder mit Gast MC Gappa auf die Bühne zurück. Heute Abend wird er zwar nur als Special Guest angekündigt, aber wie ein vollwertiges Bandmitglied gefeiert, denn so liefert er auch ab. Höhepunkt dann die Shout-Einlage am Megaphon zu „Rising High“, so dass man sofort an das skurrile Video auf MTV denken muss. Im weiteren Verlauf ist aber nicht nur etwas für die hartgesottenen Fans dabei, sondern schlichtweg kurzweilige Unterhaltung und eine energetische und durchdachte Rockshow. Ein Gorilla, der Selfies macht, Ballonseideanzüge und jede Menge Action vor und auf der Bühne lassen wenig Wünsche offen.
Die eingangs erwähnte grimmig-bedrohliche Bühnenkulisse sollte nicht über die optimistische Spielfreude der mittelalten Herren hinwegtäuschen. Immer wieder spricht Sänger Henning den kreativen Willen zur Neuerfindung der Band an, und schätzt sich glücklich in der legendären Batschkapp spielen zu dürfen. Schließlich kündigt er fast bescheiden die neue Single „Fallout“ an, die sofort ins Ohr geht und von den Fans dankbar angenommen wird, auch wenn es ein etwas neuer Sound ist. Im Verlaufe des Sets wird einem aber auch klar, dass die H-Blockx nicht nur einen Sound beherrschen. Songs wie „Little Girl“ und großartige Coverversionen wie Rick Springfields „Celebrate Youth“ und die brachiale wie geniale Version von „The Power“ zeigen die musikalische Vielseitigkeit einer Band, die eigentlich nie nur in einer Schublade stecken wollte.
Mit „Ring of Fire“ als fulminante Zugabe endet ein heißer Abend und wehmütig blickt die Band auf eine Tour, die fast zu Ende ist, nur noch das Heimspiel in Münster stand nach dem Konzert noch aus. Die Party hat gerade erst begonnen, schon nächstes Jahr sind Konzerte mit den Donots geplant-Time to move!
Fotos: Andreas Schieler