Double Crush Syndrome und The Last Internationale schaffen große Momente auf kleiner Bühne

Einen Abend von internationaler Bedeutung verspricht zumindest einmal der Name der Band, welche an einem gewöhnlichen Mittwochabend einen kleinen, aber feinen Club im Herzen des Saarlands zum Kochen bringen wird. Die New Yorker Musiker von The Last Internationale besuchen am 09. April 2025 auf Ihrer Europatournee den Kleinen Klub der Garage Saarbrücken. Mit im Gepäck die Stimmungsgaranten Double Crush Syndrome, die mit den Headlinern eine tiefe Musikerfreundschaft zu verbinden scheint.
Ein gemütlich gefüllter Club und ein Radiomix aus Alternative und Rock erwartet uns bei Eintritt an diesem milden Aprilabend im Kleinen Klub der Garage Saarbrücken. Wir sind jedes Mal wieder entzückt und freuen uns über jeden kleinen Club, der die Pandemie überstanden hat. Denn gerade auf solchen Bühnen, ohne Absperrungen, ohne Mindestabstände oder Leinwände werden nicht selten die großen Momente der Rockmusik geschaffen oder die Grundsteine für eine steile Musikerkarriere gelegt. Man denke an das CBGBs für die Ramones oder der Star Club in Hamburg für die FAB Four.
Allerdings am Anfang ihrer Karriere steht am heutigen Abend keine der beiden Bands, die zwar sehr unterschiedlich sind, jedoch mit ähnlich intensiver Hingabe ihre Musik präsentieren. The Last Internationale, bestehend aus den New Yorker Musikern Delila Paz und Edgey Pirez haben sich seit ihrer Gründung 2008 bereits die Bühnen mit The Who oder Robert Plant geteilt und mit dem Drummer von Rage Against The Machine getourt. Und Double Crush Syndrome, deren Mastermind Andy Brings seit seinem Austieg bei Sodom musikalisch sehr umtriebig geblieben ist, schuf schließlich 2017 mit deren Debut Album „Die for Rock n‘ Roll“ ein lupenreines Rock n‘ Roll Album, dessen absolute Partytauglichkeit sie bereits auf vielen Festivalbühnen und Touren unter Beweis stellen konnten.
Mit dem Einspieler „You can’t stop Rock n Roll“ betreten die drei Musiker von Double Crush Syndrome den kleinen Bühnenraum und treten gleich auf’s Gas. Andy und Co geben zu „I’m a Pistol“ gleich den Takt an, der das Tempo bestimmen soll. Es wird gesprungen und der überschaubare Bühnenraum bereits fünf Mal erlaufen und die Bar von Bassist Slick gleichermaßen zum Laufsteg erklärt, bevor der Song zu Ende ist. Dabei zeigt das Trio gern, wie wohl es sich auf der Bühne fühlt, allen voran ihr Frontmann: Mit vielen Einlagen und der gesamten Klavitur gängiger und außergewöhnlicher Gitarrenposen beherrscht Andy Brings die Ein-Finger-Spieltechnik genau so wie virtuoses Riffing.
Es folgen weitere temporeiche Songs, die dem Publikum keine Pause gönnen, höchstens, wenn Brings wieder eindeutige Zweideutigkeiten ans Publikum richtet. Mit viel Augenzwinkern und Selbstironie wird dabei auch stets betont, dass die heutige Veranstaltung jede andere größere um Welten übertrifft, dass jeder einzelne der anwesenden Gäste sich glücklich schätzen sollte hier zu sein. Und das Publikum ist überzeugt, feiert den Moment genau so wie die Band, so dass rasch die Grenze zwischen Bühne und Zuschauerrauerraum fallen, und das nicht zum letzten Mal an diesem Abend.
Sichtlich aufgepeitscht erwartet man nun die amerikanischen Headliner, die zwar ganz andere musikalische Wurzeln haben, jedoch ebenfalls für ihre mitreißenden Shows bekannt sind. The Last Internationale, das sind die New Yorker Delila Paz und Edgey Pires, die sich mit Bassistin und Drummer im Gepäck nach kurzer Umbaupause dem gespannten Publikum präsentieren. Delila, glamourös im glitzernden Hosenanzug und mit auffälliger Totenkopfhalskette und der Ausnahmegitarrist Pirez im rockertypischen Lederhemd und abgewetzten Stiefeln scheinen auf den ersten Blick völlig unterschiedlichen Welten zu entstammen. Schon nach den ersten Takten des Openers „Kick out the Jams“ wird jedoch klar, dass die musikalische Energie der beiden eine einzigartige Symbiose ist.
Delila sucht stets die unmittelbare Nähe zum Publikum und lehnt sich in ihre Fans der ersten Reihe über die Monitorboxen, greift nach Händen. Dabei ist sie stets dem Publikum zugewandt, widmet alles, was die Band zu bieten hat, den Zuhörern und betört diese mit ihrem Charme und ihrer intensiven Performance.
Einflüsse des Rock, Soul und Psychadelic der 60er und 70ger Jahre sind unüberhörbar, wenn die Band mit Songs wie „Killing Fields“, „1984“ und „Freedom Town“ einen Querschnitt des bisherigen Schaffens zum Besten gibt . Paz, charismatisch und impulsiv, mit einer rauh-zarten Stimme, die zwischen Janis Joplin und einschlägigen Soulstimmen früherer Jahre anzusiedeln ist, schlägt trotz Vorbilder aus längst vergangenen Tagen mühelos eine Brücke in die Moderne. Zusammen mit dem vielschichtigen, aber stets klar kalkulierten Gitarrensound von Pirez entsteht eine wunderbar direkte Verbindung, mit denen die moderne Sozialkritik mit zeitloser Musik früherer Jahr in Einklang gebracht wird.
Nach einer weiteren, die Bewunderung für den Zauber der Soulmusik ausdrückenden Ansprache, begibt sich Delilah plötzlich mit Akustikgitarre in den Zuschauerraum und die Roadies haben alle Mühe ihr Kabel hinterherzutragen. Sie spielt unplugged im Publikum, roh, unverstärkt und es ist unmöglich sich der Energie dieses Moments zu entziehen. Ihr Stimme ist natürlich laut und mit umwerfendem Timbre.
Zurück auf der Bühne preist sie Vorbilder aus Soul und Blues, wie Mahalia Jackson, und zollt Ihnen tiefen Respekt. Man könnte fast den Eindruck bekommen, dass Sie hier nicht nur über die Musiker sondern über die Menschen spricht.
Gitarrist und Soundtüftler Edgey Perez mit seinen Vintage Gitarren und einem gigantischen Pedalboard ist in jeder Situation Herr der Lage. Er ackert und bearbeitet seine individuellen und durch die zahlreichen Auftritte gezeichneten Gitarren, findet für jeden Stil das richtige Instrument, das passende Pedal, für jede Note genau die richtige Stelle im Solo und spielt mit außerordentlicher Leidenschaft. Dabei fürchtet man bisweilen, dass er bei seinen ekstatischen Bewegungen seine Mitmusiker treffen könnte. Diese stehen sich in Sachen Bühnennutzung in nichts nach und man arrangiert sich und seine Instrumentenhälse geschickt im Tanz, achtet stets auf den anderen. So eingespielt wie spontan geben sich die Musiker der Stimmung der Songs hin, die meist kulminierend auf Eskalation ausgelegt sind, eben ganz im Sinne des charismatischen Gospels und Blues.
„Live the life I sing about in my song“ fordert Paz, die im weiteren Verlauf des Set zwischen Bass Westerngitarre oder Stage Piano wechselt. Mit dem Publikum auf der Bühne wird Aretha Franklin’s „Freedom“ angestimmt. Das exzessive Element und die Show erreicht damit einen weiteren Höhepunkt. Dabei windet sich Delilah betörend und wie in Trance, eins mit der Musik.
Das Finale bestreiten Andy von Double Crush Syndrome und Delila im Duett auf einer Bühne, die nun vollends von den Fans der ersten Reihe geflutet wurde, die Aufhebung von Bühnen- und Zuschauerraum hatten wir ja schonmal an diesem Abend.
Ein außergewöhnlicher Abend finden so sein Ende. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, dass wir auch in Deutschland diese Musiker auf größeren Bühnen sehen werden. Es bleibt abzuwarten, ob dies mit einer ähnlich intensiven Stimmung einhergeht, wie an diesem Abend. Aber man weiß immerhin, dass man heute Zeuge eines dieser eingangs erwähnten großen Momente gewesen ist.
Fotos: Andreas Schieler