Drei Stunden Ausrasten mit den Beatsteaks im Schlachthof Wiesbaden
Die Tour der Beatsteaks ist vielerorts ausverkauft und dort, wo sie es nicht ist, sind die Hallen gut gefüllt. Auch die Tickets vom Konzert am 04.11.2017 im Schlachthof Wiesbaden waren bereits lange vor der Veranstaltung vergriffen. Und wer die Berliner Rockband kennt, weiß warum. Denn die Gruppe um die Bandurgesteine Arnim und Peter steht nicht nur für kollektives Durchdrehen sondern auch für abwechslungsreiche Musik mit Qualität.
So machen wir uns auf den Weg in den ausverkauften Schlachthof, wohl wissend, dass es zwar schweißtreibend werden aber auch richtig abgehen kann. Das neue Album „Yours“, das die Berliner, die 1999 das letzte Mal in Wiesbaden gespielt haben, auf ihrer gleichnamigen Tour mit im Gepäck haben, ist vielversprechend. Doch bevor wir in den Genuss dessen und Auszüge seiner erfolgreichen Vorgänger kommen, stehen die Decibelles aus Frankreich auf dem Programm. Die zwei jungen Damen sowie der junge Mann am Bass geben sich ausgelassen und schaffen es weitgehend etwas Konzertfeeling im schwül-warmen Saal zu verbreiten, obwohl der Funke bei mir aber auch einigen anderen noch nicht so richtig überspringen will. Vielleicht liegt es an der schrill-hohen Frauenstimme gepaart mit dem Vintage-Gitarrensound, vielleicht ist es aber auch einfach nicht mein erwarteter Sound im Vorfeld des Headliners. Insgesamt machen die Decibelles ihre Sache gut, wofür sie zu Recht mit gebührendem Applaus verabschiedet werden.
Nach einer kurzen Umbauphase fällt mit „As I Please“ der Startschuss für die Beatsteaks und ihren mitreißenden Auftritt. In kommenden vollen drei Stunden ist der Schlachthof in Wiesbaden unter der Leitung der sichtlich gut gelaunten Band komplett am Ausrasten. Die Jungs, die – Achtung Ironie – „das beste Riff, das jemals eine deutsche Band geschrieben hat“ aufs Parkett legen, wirbeln sowohl auf der Bühne als auch im Publikum umher. Immer wieder steigt der Frontmann auf die zwei kleinen Bühnenvorsprünge zu seinen Fans oder verschwindet komplett in der feiernden Fanschar. Die Stimmung um mich herum ist am Kochen: Überall wird gesungen, gesprungen und in der Mitte des Raums tobt unermüdlich der Moshpit. Anscheinend hat inzwischen die Klimaanlage das Arbeiten eingestellt, um auch den energiegeladenen Abend zu genießen. Es reiht sich ein Hit an den anderen, unterbrochen von den Liedern aus dem neuen Album, die ebenso textsicher von der feierwütigen Masse mitgegrölt werden. Dann höre ich nur wie der Sänger, der wieder irgendwo in der Menge steckt, einen Fan fragt „Kennst du den Text?“. Wenige Augenblicke später steht Sebastian zur eigenen Überraschung auf der Bühne, um mit den Beatsteaks „Shut Up Stand Up“ zu performen. Nach seinem beeindruckend guten Auftritt verabschiedet sich der glückliche Mann mit einem beherzten Sprung über den Graben zurück ins Auditorium. Ebenso durfte ein junges Mädchen bei der Zugabe ein Lied lang mit ihrer geliebten Band auf dem Podium verbringen, um gleich darauf auf den Händen der Fans wieder wohl behütet in die Arme ihrer Mutter getragen zu werden. Bei der zweiten Zugabe hockt auf Anweisung von Arnim fast der gesamte Schlachthof am Boden und springt anschließend auf Kommando zum Tanzen auf. Als die Klänge von „Hand In Hand“ verhallen, geht schließlich das Licht aus und die ersten verlassen die Halle … leider zu früh. Denn die Beatsteaks kommen zur dritten Zugabe für einen weiteren Song nochmals auf die Bühne. Nach „Jane Became Insane“ und knapp über drei Stunden Party non-stop beenden die sechs Jungs, einen Konzertabend, der dem Stimmungsbarometer nur noch wenig Luft nach oben lässt und mir – wie wohl vielen anderen Anwesenden – noch lange in bester Erinnerung bleiben wird. Diese Band muss man einfach live erleben!
Setlist: As I Please / Mrs. Right / Hello Joe / Frieda und die Bomben / Fever / Gap / Automatic / She Was Great / Milk & Honey / DNA / Policoro / Summer / To Be Strong / Shut Up Stand Up / Hey Du / 40 Degrees / You in Your Memories / Cut Off the Top / Gentleman of the Year / Let Me In // I Do / I Want to Break Free (Queen cover) / I Don’t Care as Long as You Sing // Hand in Hand / Schlecht // Jane Became Insane