Ein Hauch der alten Zeiten – Tarja und Marko begeistern die Garage Saarbrücken
Was muss das für eine Vorfreude bei den alten Nightwish-Fans ausgelöst haben, als Tarja Turunen und Marko Hietala die gemeinsame Tour verkündeten? Der Ausstieg der beiden aus der bekannten Symphonic-Metalband hinterließ 2005 bzw. 2021 tiefe Gräben in der Anhängerschaft. Mit der „Living the Dream Together“-Tour eröffnet sich nun die Gelegenheit, die beiden Ex-Nightwish-Stars wieder zusammen auf der Bühne zu sehen und eventuell einen Hauch der alten Zeiten wieder zu erleben.
Von den sommerlichen Holy Grounds der Festivals geht jetzt wieder in die überdachten Hallen. So auch am 10.09.2024, an dem viele Fans gespannt dem Auftritt von Tarja mit ihrem Special Guest Marko in der Garage Saarbrücken entgegenfiebern. Nach dem Einlass geht es schnell und nur wenig später – einige stehen noch draußen – eröffnet Chaoseum den Abend. Das Quintett aus der Schweiz kommen mit einem getragenen Nu-Metal daher – ein Genre, das vom Headliner mit ihrem Gast abweicht. Der Sound klingt dumpf aber dennoch hart, ohne schnelle Beats. Die Setlist enthält neben dem bunten Mix der letzten drei Alben auch einen neuen Song, einen Ausblick auf das kommende Album. Das Publikum lässt recht ruhig aber interessiert die nicht immer runden Songs auf sich wirken und verabschiedet nach etwa einer halben Stunde mit gebührendem Applaus die Band aus Lausanne.
Als das Spotlight wieder angeht, betritt Marko Hietala mit einem Lächeln die Bühne. Aus dem inzwischen gut gefüllten Innenraum der Garage hallen „Marko, Marko“-Rufe und versinken wieder im Mix aus lautem Jubel und den ersten Tönen von „Star, Sand and Shadow“. Die Songs stammen fast ausschließlich aus dem Debütalbum seiner Solokarriere „Mustan sydämen rovio“ von 2019, das ein Jahr später in englischer Version als „Pyre of the Black Heart“ erschien. Der Finne startet mit sphärischen Klängen. Stets betont er seine nordischen Wurzeln, auch in den recht langen Ansagen, und unterstreicht sie mit „Isäni ääni“, der ursprünglichen Version von „The Voice of My Father“. Mit der aktuellen Single „Frankenstein’s Wife“ wird es endlich rockiger und sofort kommt Bewegung in der Garage. Der Musiker erzählt viel zwischen seinen Songs, zum Beispiel über frühere Untaten, die er im neuen Lied „Proud Whore“ verarbeitet hat. Die schnellen Lieder holen das Publikum voll ab und der rasante Song „Juoksen Rautateitä“ (Runner of the Railways) begeisterte ebenso wie das kraftvoll-rockige „Stones“. Die Begeisterung mündet in einen vorläufigen Höhepunkt als Tarja zu „Left on Mars“. Das Duett erzählt eine musikalische Liebesballade und lässt so manchen Fan alte Nightwish-Erinnerungen aufflackern. Zum Abschluss hält der Special Guest eine politische Moralpredigt, die in das Black Sabbath Cover „War Pigs“ übergeht, das natürlich lautstark mitgesungen wird.
Nach dem Umbau ist die Zeit für den Healinder gekommen. Im schwarzen Glitzerkleid stürmt Tarja Turunen vor die jubende Menge und eröffnet mit „Eye of the Storm“. Die ersten Songs, wie anschließend „Demons in You“ und „Falling Awake“, werden von Beginn an mitgesungen, was auch an der mitreißenden Präsenz der Finnin liegt. Längst hat sich Tarja aus dem Schatten von Nightwish befreit, jedoch wird sie diese prägende Ära stets begleiten, was sich auch in der Setlist widerspiegelt. Lieder wie „Planet Hell“ aus der gemeinsamen Zeit mit Makro mischen sich unter Werke der Solokarriere wie „I Feel Immortal“ vom aktuellen Album oder das ältere „Die Alive“. Zu „Oasis“, einem der ersten Songs ihrer Solokarriere, wird es ruhig. Alleine sitzt die Sängerin am Keyboard, nur von einem Lichtkegel erfasst. Die fast andächtige Stille wird unterbrochen, als die Band bei „Shadow Play“ wieder miteinsteigt. Schwere Gitarrenriffs, die nur noch durch die Opernstimme übertönt werden, bringen den Metal zurück. Ausgiebige Soli der beiden Gitarristen geben Tarja dabei eine Verschnaufpause, um sich aus dem Rampenlicht zurückzuziehen. Zurück kommt sie Hand in Hand mit Marko und dem Nighwish-Song „Dead to the World“. Spätestens jetzt ist fast jeder der Nostalgie der alten Zeiten verfallen, auch die beiden Protagonisten auf der Bühne. Die Fans singen begeistert alte sowie neue Lieder und lassen den Glanz von damals nochmals erleuchten. „I Walk Alone“, der erste große Solo-Hit, steht dem in nichts nach und wird ebenso gefeiert. Mit „Victims of Ritual“ verabschieden sich die Musiker vorerst.
Zur Zugabe spielen das Ex-Nighwishduo „Wish I Had An Angel“. Es definitiv das Highlight des Abends. Die Fans tanzen ausgelassen, grölen den Text voller Inbrunst mit und auch der letzte feiert gebannt vom Glanz der alten Nightwish-Ära. Das emotionale „Until My Last Breath“ läutet den finalen Song ein und beweist einmal mehr, dass Tarja auch als Solo-Künstlerin Symphonic Metal vom feinsten bietet.
„Living the Dream Together“ ist an diesem Abend in der Garage Saarbrücken mehr als nur der Tourtitel von Tarja Turunen und Marko Hietala, vielmehr beschreibt es die Verknüpfung der beiden Ikonen mit ihren Fans. Die Möglichkeit, die beiden Ex-Bandmitglieder nach all den Jahren wieder gemeinsam live zu erleben, lässt nicht nur Erinnerungen wach werden, sondern zeigt auch, wie beiden Ex-Bandmitglieder ihre Solokarrieren erfolgreich weiterentwickeln. Besonders der Mix aus alten Nightwish-Songs und neuen Stücken machte den Abend zu einem besonderen Erlebnis.