Eisbrecher und Unzucht lassen den Schlachthof Wiesbaden beben

Eisbrecher und Unzucht lassen den Schlachthof Wiesbaden beben

Was ist hier los? In Wiesbaden ist einiges los gewesen! Denn Eisbrecher haben am 01.10.2017 auf ihrer „Sturmfahrt“ den Schlachthof erbeben lassen. Auf ihrer aktuellen Tour legen Kapitän Alexx und seine Mannen in der hessischen Landeshauptstadt an, um ihr neues Album aber auch alte Hits zum Besten zu geben. Auf ihrer Reise haben die Bayern die Männer von Unzucht mit an Bord genommen, die wiederum im Vorfeld ihr neues Live-Album „Widerstand“ präsentieren.

Eisbrecher und Unzucht an einem Abend. Was für ne geile Kombi“, stellte eine begeisterte Kollegin gleich zu Beginn fest. Der Meinung waren wohl noch viele. Denn kurz nach Einlass ist der Schlachthof Wiesbaden schon gerammelt voll. Nachdem ich noch am Burger-Truck vor der Halle einen Hamburger einverleibt habe, zwänge ich mich durch die wartenden Fanmassen, um die unzüchtige Sturmfahrt mitzuerleben. Unter mächtig Jubel legen dann Der Schulz (Gesang), De Clercq (Gitarre & Gesang), Blaschke (Bass) und Fuhrmann (Schlagzeug) überpünktlich los und liefern in den kommenden ca. 40 Minuten einen (dark)rockenden Auftritt ab. Im Fotograben vor der Bühne sucht sich fast unbemerkt der Eisbrecher-Frontmann Alex Wesselsky ein nahezu „ruhiges“ Plätzchen, um während er von den dahinter stehenden Fans kurzzeitig massiert wird, der Show der befreundeten Band zu folgen. Unzucht spielen neben dem gleichnamigen Song auch Bandhits wie „Deine Zeit läuft ab“, vor allem aber Songs aus dem letzten Studioalbum „Neuntöter“. Die zahlreichen Fans, welche die Hannoveraner angelockt haben, feiern in ausgelassener Stimmung zu den dunklen Tönen. Der Schulz zeigt sich wie gewohnt publikumsnah, steigt von der Bühne hinab ins Publikum, nimmt immer wieder Augenkontakt zu einzelnen Fans auf und bedankt sich freundlich beim Publikum. Als Zugabe erklingt „Ein Wort fliegt wie ein Stein“, eines meiner momentanen Favoriten, das mit dem Klassiker „Engel der Vernichtung“ nicht nur einen gewaltigen Schlusspunkt setzt, sondern auch mächtig Bewegung in die Halle bringt.

Unzucht hat mich und die Meisten im Schlachthof bereits gut vorgewärmt, so dass die eisbrechende Sturmfahrt direkt nach dem Fall des Vorhangs, der mit riesigem Bandlogo dekoriert ist, losgehen kann. Mit Volldampf voran spielen Eisbrecher als Opener den Titelsong der Tour sowie des aktuellen Nummer-1-Albums. Wer die bayrischen Deutschrocker kennt, weiß, dass bei Alexx, Noel Pix und Co. nicht einfach nur ein Konzert dargeboten wird, sondern vielmehr humorvolles, kurzweiliges Entertainment gewürzt durch eine Brise Sozialkritik. Die Playlist an diesem Abend spiegelt eine abwechslungsreiche Mischung aus den neuen Songs sowie den heiß ersehnten älteren Hits. Anfänglich in dunkler Marine-Uniform gekleidet entledigt sich der Frontmann Lied für Lied – zur Freude mancher weiblichen Fans – einiger Kleidungsstücke, erklärt dabei auf seine ironische Art, weshalb er das Privileg hat, eine Sonnenbrille zu tragen, um zum Cover-Song „Eisbär“ in ein weißes Jackett zu schlüpfen. Humorvoll aber auch mit ernstem Hintergrund wendet sich die Band an jene im Auditorium, die das Konzert gefühlt lieber durch die Rückseite ihres Smartphones verfolgen, indem sie nun „drei sensationelle Posen“ präsentieren, die jetzt jeder knipsen kann, aber danach doch bitte das Ding wieder einpacken kann. Dafür gibt es schließlich auch professionelle Fotografen, die „uns in Hochglanz-Magazinen so schön erscheinen“ lassen, wie Alexx kaum ironisch erwähnt. In dicker Winterjacke und „Haarersatz“ auf dem Haupt singt er Eispickel schwingend im künstlichen Schneegestöber „Eiszeit“. Gitarrist Noel Pix tritt zwischendurch ins Spotlight und begeistert auch mich mit seinen brachialen Riffs. Die beiden Gründungsmitglieder sowie der Rest der Crew sind sichtlich gut drauf und diese Stimmung springt unentwegt auf das Publikum über. Der ausverkaufte Schlachthof bebt zu den harten Klängen und neben mir singen lauthals die Fans „Was ist hier los?“, der neuen Single aus der aktuellen Scheibe. Nach mächtigen Dampfsäulen geht es in die Zugaben, in der wir sowohl den Hit „Verrückt“ als auch traditionell den Hit aus Megaherz-Zeiten „Miststück“ feiern. Ich schaue hinüber zu der begeisterten Kollegin und denke, recht hat sie gehabt: „Eisbrecher und Unzucht an einem Abend. Was für ne geile Kombi“.

Andreas Schieler

Leitung, Redakteur und Fotograf