Frankfurt: Ab in Das Bett, die Grausamen Töchter kommen
Die Grausamen Töchter haben am 16.02.2019 in Frankfurt a.M. zum extravaganten Tanze geladen. Mit ihrem neuen Album „Engel im Rausch“ kam die Hamburger Dark-Elektropunk-Band in den Club Das Bett, um das neue Material mitsamt der dazugehörigen Show zu präsentieren, eine faszinierende Darbietung, die von Gier, Geilheit sowie Egomanie erzählt und dabei die Abgründe der eigenen Psyche aufwühlt. Und das ist definitiv nichts für zarte Seelen.
Bereits zum Einlass bildet sich eine Schlange vor dem Altbau in der Main-Metropole, denn einige wollen anscheinend ganz vorne die Show verfolgen. Das Publikum ist gemischt. Vom älteren Herrn mit Pocketkamera bewaffnet bis hin zu Szene einschlägig gekleideten jungen Damen tummelt sich so mancher vor der Bühne, noch lange bevor der erste Ton erschallt. Auf der Videoleinwand läuft kurz vor dem offiziellen Beginn der Countdown ab zehn Minuten rückwärts, während dazu im Hintergrund schwere Klaviermusik durch das inzwischen gut gefüllteBett ertönt. Pünktlich um 21 Uhr geht es schließlich ohne Vorband direkt los.
Aus einer Nebelwolke treten die Grausamen Töchter auf das Podium des Clubs. Der Spot fokusiert eine Dame mit verbundenem Gesicht, die einzig in einen Mantel gehüllt zunächst starr in der Mitte der Bühne steht. Dahinter erscheint begleitet von harten Elekro-Beats vom Titelsong „Engel im Rausch“ die Gründerin und Sängerin Aranea Peel mit Zigarette in der Hand. Bevor die blonde Frontfrau, deren Hosenträger ihre alleinige Oberbekleidung waren, noch zum Mikrofon greift, quellt Kunstblut unter der Kapuze über das verbundene Gesicht der immer noch wie angewurzelt stehenden Akteurin. Der Beginn einer 120 minütigen Show, in der Peel und ihre Geschwister auf teils befremdliche Weise tiefsinnige Inhalte optisch wie akustisch vermitteln. Hier wird kein Blatt vor den Mund genommen. In den Songs, wie zum Beispiel „Wildes Tier“, „Annika ist tot“ oder „Wie eine Spinne“, geht es mörderisch, sexuell, obsessiv, sadomasochistisch und zuweilen alptraumhaft zur Sache. Die Lieder vom aktuellen Album wie „In deinem Kopf“, bei dem in einem Wassermelonenkopf kräftig gequirlt wird, oder „… und ich fühle nichts“ knüpfen hier nahtlos an. Ein fesselndes Potpourri aus Provokation, Tiefgründigkeit und bizarrer Kunst, die einerseits bewusst schockt, andererseits beispielsweise mit „Die ganze Welt ist ein Zirkus“ soziokulturelle Missstände unbeschönigt aufzeigt. Der Cover-Song „Goldener Reiter“ von Joachim Witt zelebrieren die Grausamen Töchter auf ihre eigene Art ebenso wie „Rosemarie“ von Hubert Kah, der auch aus der Ära der Neuen Deutschen Welle stammt.
„Ich darf das“ ist mehr als nur ein Klassiker der Grausamen Töchter. Vielmehr scheint es, die Einstellung der Band – vor allem von Peel – zu spiegeln, um Grenzen aufzubrechen und dadurch wach zu rütteln. Die nicht immer leichten Inhalte werden durch die konsequent groteske Bühnenshow der ausdrucksstarken Sängerin mitsamt ihrer Mitstreiterinnen unterstrichen, die es schaffen das tanzwütige Publikum bis zum Schluss in ihren Bann zu ziehen. Die Grausamen Töchter sind definitiv keine leichte Kost und polarisieren mit Sicherheit auch an diesem Abend. Ihr Live-Auftritt im Club Das Bett ist ein professionell inszeniertes, musikalisches Gesamtkunstwerk, das mitunter den ein oder anderen befriedigt nach Hause schickt, auf jeden Fall aber viele fasziniert sowie begeistert hat.