„Lasst uns durchdrehen“: Hexentanz-Festival begeistert am neuen Veranstaltungsort
Endlich ist wieder Hexentanz, besser gesagt zunächst die 15. Walpurgisschlacht mit anschließendem Hexentanz-Festival. Nach pandemiebedingter Pause haben sich Rock-, Folk-, Metal- und Mittelalter-Fans ab dem 28.04.2023 auf einen tollen Start der Open-Air-Saison mit Genregrößen wie Eisbrecher, Subway To Sally und Schandmaul freuen können. Wir waren drei Tage in Großrosseln, um über das kleine Comeback nach drei Jahren zu berichten.
So wie die Teilnehmer hat sich auch das Wetter auf das Wochenende eingestellt: Denn was wäre der Hexentanz ohne Regen und Schlamm auf dem Festgelände. Apropos Gelände: Das Festival steht diesjährig auf neuem Grund: dem Eventwerk Saar, einem stillgelegten Bergwerk. Trotz aller Diskussionen im Vorfeld kann man sich nicht beschweren. Die Wege waren kurz, man störte niemanden und alle hatten genug Platz. Nach dem Einlass schlendern wir an den Mittelalterständen vorbei, während zuerst Mystigma und anschließend Circus Of Fools das Drei-Tages-Event eröffnen. Noch ist der Andrang überschaubar, was wohl daran liegt, dass einige am Freitag noch ihrer Arbeit nachgehen müssen. Doch schon zu Blitz Union füllt es sich sichtbar. Inzwischen hat auch der Regen nachgelassen, nur eine gelegentliche steife Brise föhnt über den Platz. Die Stimmung ist jedoch davon unbeeindruckt ausgelassen und die gut gelaunten Fans tanzen weiter zu den mittelalterlichen Klängen von Ignis Fatuu. Wer Durst verspürt, kann an den Getränkestand gehen oder gesellt sich zu Ragnaröek in die vorderen Reihen. Denn dort verteilen zwei Damen über einen langen Trichter Rum an die ausgetrockneten Kehlen. Heiter bis lustig geht es auch am Meet & Greet links neben der Bühne zu, wo Fans ihrer Band hautnah begegnen und bei einem Smalltalk im Selfierausch versinken. In der untergehenden Sonne spielt Diary Of Dreams auf dem gut gefüllten Eventwerk. Der einsetzende nächtliche Kühle heizt Subway To Sally als Headliner entgegen und beendete eine tolle Walpurgisschlacht.
Nach einer anstrengenden Walpurgisschlachtnacht kriechen die Ersten aus ihren Zelten und machen sich bei bewölktem Himmel zum Festivalgelände auf, um Snow White Blood bei ihrem letzten Gig – bevor sich die Band auflöst – zu begleiten. Immer mehr strömen herbei und genießen bei Bier und Bratwurst ihr zweites Frühstück. Derweil heizen Ingrimm mit neuem Sänger sowie die kroatische Folk-Metal-Band Manntra ordentlich ein. Feuersäulen steigen am Bühnenrand empor. Kalt wird es also keinem so schnell. Stellenweise tanzen manche sogar barfuß im Matsch, an anderer Stelle dreht man sich lustig im Kreis. Die Sonne versteckt sich zwar hinter den Wolken, aber es bleibt trocken und mitten in der Menge zwischen Essensständen und Bühne gönnt sich ein Fan ein Schlammbad. Inzwischen haben Harpyie gut gerockt und die Bühne an Mr. Irish Bastard überlassen, die das Auditorium mächtig auf Trab halten. Fans und Band witzeln und feiern zusammen mit Circlepits oder „Ausziehen“-Rufe, auf die der Frontmann nicht eingeht – wahrscheinlich zu kühl heute. Wer sich von den angenehmen Strapazen stärken will, muss zuerst an der langen Schlange am Meet & Greet-Stand vorbei. „Lasst uns durchdrehen“ lautet nun zum Motto von Tanzwut. Teufel und seine Mannen zelebrieren ihr 25-jähriges Jubiläum mit vielen Hits ihrer langjährigen Bandhistorie. Einem manchem fällt es schwer ruhig stehen zu bleiben, was nicht nur am Bier liegt. Als Schandmaul das letzte Mal auf dem Hexentanz spielen sollte, musste der Auftritt wegen Sturmwarnung abgesagt werden. Heute sollte das und mehr nachgeholt werden, was 2018 leider nicht stattfinden konnte. Bis in die Nacht lässt die Mittelalterrockband bei Pyro- und Lichtershow den Platz auf der Grube beben.
Die Sonnenstrahlen durchdringen die Wolkendecke am dritten Tag. Sie begrüßen zu den elektronischen Beats von Minusheart das mehr oder weniger ausgeschlafene Hexentanz-Publikum, das sich kurz nach 13 Uhr noch übersichtlich im Raum verteilt. Eine Stunde später bei Hell Boulevard sieht das schon anders aus. So steigt zu den Bad-Boy-Riffs die Betriebstemperatur, die nahtlos in kontrolliertes Ausrasten mit Vlad In Tears mündet. Die beiden Gothicrockbands mobilisieren viele Fans nicht nur vor der Bühne, sondern sind auch Publikumsmagnete später am Merchandise-Stand, wobei die Tristesse des eigenen Genres schnell vergessen wird. Das Festival macht eben allen Spaß. Dann heißt es, sich mit einem guten Schluck zu stärken. Denn Ost+Front ist nichts für schwache Nerven. Verstörende Inszenierungen prägen die Bühnenpräsenz ebenso wie die harten Beats der Metalband. Die Menge steigt in die martialische Show lautstark ein und grölt textsicher mit. Nicht weniger düster knüpft Nachtblut an den Vorgänger an. Askeroth, Ablaz, Greif und Skoll haben gerade erst ihre Vanitas-Tour erfolgreich beendet und sorgen am letzten Festivaltag für einen großen Andrang. Ob im Moshpit oder mit einer Wall Of Death oder einfach nur im Sitzen, bei Hits wie „Alles nur geklaut“ und „Lied für die Götter“ zieht es nahezu jeden in den Bann der Dark-Metal-Band. Ruhiger, aber nicht weniger mitreißend, schließt sich die Letzte Instanz an. Mit Songs wie „Kommt tanzt“ begeistert die sichtlich gutgelaunte Rockband: Vor der Bühne drehen sich fast alle und hüpfen unermüdlich dazu. Erstaunlich ist das Durchhaltevermögen der Besucher. Zum Grande Finale lädt letztlich „der Checker“ ein. Eisbrecher müssen zwar krankheitsbedingt auf Noel Pix verzichten, schaffen es aber mit einem Ersatz an der Gitarre einen grandiosen Abriss zu zelebrieren. Fast überflüssig zu erwähnen, dass es bis zum Schluss rappelvoll ist und die Stimmung am Sieden. Alexx mit Band erweist wieder mal als würdiger Headliner des Festivals.
Drei Tage Hexentanz hinterlassen Spuren der Anstrengungen, aber vor allem der Freude und von unvergesslichen Momenten. Wir sagen Danke an den Veranstalter, an die Bands und an die freundlichen Gesichter, die das Event einzigartig machen. Wir freuen uns schon auf nächstes Jahr, wenn beim 16. Hexentanz-Festival vom 26. bis 28.04.2024 in den Mai gerockt wird.