Sattelfest im wilden Ritt durch die Jahrhunderthalle: The BossHoss elektrisieren in Frankfurt
Zieht die Cowboy-Stiefel an, denn die „Electric Horsemen“ sind on the road again und reiten in Frankfurt ein. Mit ihrem neuen Album im Gepäck haben The BossHoss am 20.10.2023 ihre Pferde gesattelt, um in der Jahrhunderthalle ihre High-Voltage-Knaller zu präsentieren.
Aus den Weiten der Metropole angereist stehen die Fans kurz vor Einlass für den Abend, der vom Schlachthof Wiesbaden veranstaltet wird, gespannt aber geduldig in der Schlange, bis sich schließlich die Tore öffnen. Die Herde ist bunt gemischt: Generationenübergreifend teilweise elegant gekleidet teilweise mit Jeans oder im Leder- und Nietenoutfit – hier und da spitzelt ein Cowboyhut hervor – schlendert man mit einem kühlen Getränk in den Innenraum oder sucht seinen Platz auf dem Rang. Der elegante Kuppelsaal ist fast gefüllt, als WellBad die Theaterbühne betreten. Mit rockigem Blues holt die Vorband von Beginn an das Publikum ab. Besonders die rauchig-tiefe doch verständliche Stimme von Daniel Welbat sorgt für einen Wow-Effekt. Ebenso begeistert die aktive Bühnenperformance des Quintetts. Egal ob Drummer, Bassist oder Gitarrist, keiner scheut sich zu verausgaben. Doch nicht nur auf der Bühne wird herumgewirbelt. Obwohl die Songs größtenteils unbekannt sind, springt der leidenschaftlich gesäte Funke auf die Menge über. WellBad heizen etwa 40 Minuten ein und hinterlassen – zumindest bei mir – einen bleibenden Eindruck. Wer die Band aus Hamburg live sehen möchte, sollte sich den 01.06.2024 merken, wenn die fünf Jungs im Nachtleben Frankfurt auftreten.
Als der große Vorhang mit dem elektrisch stilisierten Logo fällt, wird es für die Cowgirls und -boys eng vor der Bühne. Zu „Boss Hoss“ von The Sonics schwingen sich Alec „Boss Burns“ Völkel sowie Sascha „Hoss Power“ Vollmer mit Band in den Sattel, bereit für einen wilden Ritt. In Boots, Wifebeater-Shirt und Stetson-Hut geben The BossHoss mit dem Titeltrack „Electric Horseman“ dem jubelnden Publikum gleich die Sporen. „Wir spielen Neues aber auch den alten geilen Scheiss“, so die Ansage vom Boss. So folgt ein abwechslungsreiches Potpourri von alten Hits wie „Hey ya!“ von der ersten Single bis hin zu „YOU“ aus dem aktuellen Album. Unterstützt werden die beiden Berliner von einer Bläser-Kombo im mexikanischen Style auf der linken Bühnenseite und einer Rockbandbesetzung auf der anderen Seite. Auf den Barhockern in der Mitte hält es die zwei Urban-Cowboys jedoch nicht lange. „BossHoss sind eure Freunde, eure besten Freunde und wenn ihr Probleme habt, schreibt uns. Dann schreiben wir ein Lied drüber, wie Little Help“, scherzen beide mit einem Augenzwinkern. Die Stimmung ist gut. Vielerorts wird getanzt, die Arme im Takt geschwungen und/oder mitgesungen – gerne auch mal ins Mikro, mit dem Alec durch die erste Reihe geht. Mit schmeichelnden Worten im Western-Akzent elektrisieren die beiden Protagonisten das überwiegend weibliche Publikum. Zusätzlich lassen Flammensäulen wie bei „Bullpower“ die jungen Damen vorne noch mehr schwitzen.
The BossHoss sind ohne Frage hochprofessionell, quasi sattelfest. Was sie tun ist stimmig und unterhaltsam. Dabei ist das Publikum stets eingebunden. Auch die übrigen Bühnenmusiker runden die Choreografie ab. Immer wieder schwingen Bläser die Hüften oder ihre Instrumente im Rhythmus. Im Spotlight agieren unangefochten Boss und Hoss. Während Alec meist das Wort auf oder vor der Bühne übernimmt, sitzt Sascha meist lässig mit seinem Instrument auf dem Hocker. Nach jedem Song dreht er die Gitarre um, auf der mit Tape „Thanx“ aufgeklebt ist.
„Polk Salad Annie handelt von deiner Vegetarierin, die Fleisch mag … in Form von Gitarristen“, so zündert der Frontmann im weißen Tanktop das kommende Lied, in dem der E-Gitarre ein ausgiebiges Solo gegönnt wird. Alec und Sascha danken anschließend der Crew und man singt dem Geburtstagskind daraus ein Happy Birthday, wonach sich „My personal Song“ unter Beteiligung von Publikumsgesang anreiht. Die Scheinwerfer strahlen auf die Barhocker, daneben sitzt einer auf dem Cajon während Malcolm „Hank Williamson“ Arison auf der Mundharmonika spielt. „What If“ ist ein Song für alle, die gerne aus dem Alltag entfliehen möchten – Tagträumen mit einer Brise Romantik. Es ist eine kleine Atempause, bevor wieder Galopp aufgenommen wird. Es folgen die „Three Little Words“. Nein, nicht „Ich liebe dich“, sondern „Fuck You Too“. Boss und Hoss tränken je ein passend bedrucktes Shirt mit ihrem kostbaren Schweiß und werfen es, mit dem Vorschlag es zur Arbeit anzuziehen, in ein Meer gierender Hände. „Frankfurt seid ihr heiß?“ leitet „Hot in Herre“ ein. „It’s gettin hot in here, so take off all your clothes“ – kaum gesungen, entledigt sich Alec seinem Unterhemd und surft oberkörperfrei eine Runde über die Fans. Ein hautnahes Erlebnis.
„Arsch hoch auf dem Rang, denn jetzt reisen wir die Hütte ab“, so feuert „Dance The Boogie“ das Stimmungsbarometer weiter an. Die Jahrhunderthalle steht fast komplett springt und schwingt die Hüften im Sternenhimmel aus brennenden Feuerzeugen und Handylampen. „Ihr seid das beste Publikum und das bestaussehendste Publikum und habt einen extrem guten Gesang“, schäkert Sascha und stimmt „Never Say Never“ an. The BossHoss sind gut drauf und haben sichtlich Spaß. Der Rang steht immer noch. „Don’t Gimme That“ im Funkenregen und „Dos Bros“ im Feuer beenden eindrucksvoll den Hauptteil. The BossHoss sind gut drauf und haben sichtlich Spaß. Der Rang steht noch immer.
Natürlich hallen Zugabe-Rufe durch den Kuppelsaal und natürlich gibt es eine Zugabe. „Stallion Battalion“ und „Last Day“ bringen die Frankfurter Fans wieder auf Touren. Nach „Mary Marry Me“ bittet man „Girls“ aus den vorderen Reihen auf die Bühne. So ist zum Cameo-Cover „Word Up“ die Bühne rappelvoll und irgendwo zwischen den jungen Damen singen der Boss und der Hoss ihr berühmtes Finale. Danke für den wilden, elektrisierenden Ritt. Yehaaa!