Spermbirds in Kaiserslautern: Auf der Bühne geht der Punk ab

Spermbirds in Kaiserslautern: Auf der Bühne geht der Punk ab

Am 15.11.2019 ist in der Kammgarn Kaiserslautern so ordentlich der Punk abgegangen. Auf ihrer „Go to Hell Then Turn Left“-Tour haben die Spermbirds bei ihrem Heimspiel in der Betze-Stadt im ausverkauften Kasino vor und auf der Bühne für ausgelassene Stimmung gesorgt.

Familiär geht es im Vorfeld des Spermbirds-Konzerts zu. Mitglieder der 1983 gegründeten Hardcore-Punk-Band, die in Kaiserslautern ihren Ursprung hat, begrüßen im Foyer Verwandte, Freunde und Bekannte, während sich die Halle in der Kammgarn allmählich füllt. Den Auftakt dort machen Kick Joneses, die Nachfolgeband der Walter Elf mit Spermbirds-Schlagzeuger Beppo am Gesang. Mit den ersten Tönen strömen die Besucher ins Kasino. Man hat den Eindruck, sowohl auf als auch vor der Bühne versammelt sich Lauterns ehemalige Subkultur, die inzwischen das gediegene Alter erreicht hat und jetzt noch mal die gute alte Zeit hochleben lässt. So kommen die gut gelaunten Fans zum Punkrocksound, der stellenweise Ska-Einflüsse offenbart, in Bewegung. 40 Minuten lang rockt das Sextett bevor es unter viel Applaus die Bühne an Loaded aus Mannheim übergibt. Das Trio schaltet von Beginn an das Tempo einen Gang höher. Schnelles Gitarrenspiel gesellt sich zum rauen Gesang. Der Bass spielende Sänger gibt sich agil und wirbelt zwischendurch über das Podium. Das Level wird gleichmäßig hoch gehalten, so dass man sich ab und an doch eine Kapriole gewünscht hat. Den kleinen Moshpit stört das allerdings wenig. Dieser nimmt bis zum Schluss immer wieder Fahrt auf.

Apropos Moshpit. Was anschließend bei den Spermbirds vor und auf der Bühne los ist, sucht seinesgleichen. Das komplette Feld, von der einen Seite bis zur anderen und von der Bühne bis fast zur Hälfte der Halle, geht unermüdlich ab. Nicht weniger geruhsam präsentiert sich auch die Band. Angestachelt vom harten Punkrock pogen die Fans teilweise bis zur Erschöpfung. Schnell wird klar, warum die Band keinen Bühnengraben haben wollte. Denn nach Belieben betreten die hart gesottenen die Bühne, um Adrenalin geladen in den tobenden Mob zu springen. Stellenweise herrscht dabei Platzmangel auf dem Podium, so dass selbst die Musiker ihren Platz verteidigen müssen. Doch Stagediving und Crowdsurfen sind hier ausdrücklich erwünscht. Nicht nur, dass der brachiale Sound die Empore zum Wackeln bringt, auch die Akteure springen und wirbeln über die Bretter.

Neues Material wie der Titelsong zum aktuellen Album „Go to Hell Then Turn Left“ feuert das Stimmungsbarometer gleich von Anfang an nach oben. Aber es sind vor allem die Klassiker, welche die Kammgarn zum Beben bringen. „Common Thread“, „Americans Are Cool“ und „You’re Not a Punk“ bringen die Menge schließlich vollständig zum Ausflippen. Zum letztgenannten Song bekommt Sänger Lee Hollis stimmliche Unterstützung vom einstigen Headcrash-Frontmann Shane Cooper, der danach auch den Abflug von der Bühne macht. Während Matthias „Beppo“ Götte relativ ungestört auf seine Drums hämmert, wirbeln die Gitarristen Roger Ingenthron und Steve Wiles zusammen mit Bassit Markus Weilemann sowie gelegentlich auftauchenden Fans über die Bühne. Von Trägheit im Alter ist in der vorderen Hälfte der Halle nichts zu spüren. Die teils angegrauten Ü40er gehen wild und scheinbar unermüdlich zur Sache. Selbst als nach gut 75 Minuten die letzten Akkorden von „Try Again“, „Texas Cowboy“ und „Bloodstains“ ertönen im frenetischen Jubel Zugabe-Rufe.

Die Spermbirds mitsamt ihren Fans haben am Freitagabend beim Heimspiel in der Kammgarn eindrucksvoll bewiesen, dass sie trotz über 35 Jahren Bühnenerfahrung keineswegs zum alten Eisen gehören.

Andreas Schieler

Leitung, Redakteur und Fotograf