Stone Temple Pilots- Grunge-Götter bringen die Batschkapp zum kochen

Heißer konnte es wahrlich nicht werden. Heute, am 26.06.2019 und dem bisher heißesten Mittwoch des Jahres, wird die Frankfurter Batschkapp zum Kultsaunamusikklub, und das liegt auch an den legendären Künstlern des Abends.

Die Stone Temple Pilots, geliebt und belächelt zu ihrer Entstehungszeit (bis heute hat die Band 17 Mio Alben verkauft) geben sich nach längerer Europaabstinenz die Ehre – und es wird heiß. Wenn man bedenkt, dass die Band als Kopie erfolgreicher Mitstreiter wie Alice in Chains und Pearl Jam abgestempelt wurde, stehen die STP nicht schlecht da. Die genannten Vorbilder sind heute noch erfolgreich aktiv und erstere teilen mit den Pilots ein ähnliches Schicksal, den Verlust des Sängers. Für viele Bands ist das der Todesstoß, doch AICH haben den Tod Shanes mittlerweile überwunden und einen neuen eigenen Sound etabliert, der von den Fans dankbar angenommen wird. 

Der tragische Tod von Scott Weiland in 2015 hängt immer noch wie ein Damoklesschwert über der Band, und das, obwohl er zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr Teil der Band war. Aber dazu noch später. Nicht jeder Band verzeiht man einen neuen Sänger, schon gar nicht, wenn er das alte Material präsentiert. Nach dem tragischen Tod von Scott Weiland hätten viele bestimmt keinen Pfifferling auf die Zukunft der Stone Temple Pilots gegeben, doch dann; neuer Sänger, neues Album in 2018, ausgedehnte Tour in den USA zeigt wohl: Todgeglaubte leben länger, aber der Abend sollte ja erst beginnen:

Abgeschreckt von den hohen Merchpreisen wird also in vorderster Reihe bei einem Bier mit Spannung und ein wenig Sorge die Band erwartet, die meine Jugend geprägt hat. Den Abend beginnen The Walking Papers aus Seattle. Schwer dräuender Blues Rock mit einer Prise Psychodelic Vibes helfen, den Abend stimmungsvoll einzuläuten. Das Sextett (mit Saxophon und Hammondorgel) kennt sein Handwerk und das Mitte-Dreißig-Publikum nimmt die Band dankbar und mit Applaus auf, spielen Sie doch schon mit den musikalischen Hauptzutaten des Headliners.

Dennoch mag keiner hier bezweifeln, dass die Stone Temple Pilots eine andere Sparte bedienen, den Gunge, dem seit Kurt Kobains Tod der Anfang vom Ende eingeläutet wurde. Sicher, einige Bands der ära sind immer noch aktiv Pearl Jam z.B. die sich aber musikalisch stetig weiterentwickelt haben. Auch die Pilots haben sich im Laufe der Zeit verändert, doch die Wucht von CORE bleibt unerreicht und dutzende Bands versuchten den Sound dieser Band zu kopieren, die ja damals selbst noch auf der Suche war, wie PURPLE der äußerst erfolgreiche Nachfolger zeigte, dass die Band mehr war als eine Made der Grungeszene.

Als die Lichter gedimmt werden, sind die Fans sofort bei der Sache. Die ersten Töne bestimmen sofort die Stimmung des gesamten Konzerts und die Band nimmt den tosenden Applaus sofort auf. Es überrascht nicht, dass die Band mit 2 Klassikern wie Wicked Garden und Crackerman von Core beginnt, und Sänger Jeff, deutlich jünger und unverbrauchter als seine Bandkollegen, legt sich mächtig ins Zeug.

Der neue hat sie , die Scott-Posen, die Rampensau-Attitüde. Bassist Robert DeLeo, der seinen Bass ein bisschen so halt, als brächte er seiner Frau langstieligen Rosen, überlässt dem neuen Frontmann das Feld, lässt sich aber immer wieder durch dessen Posen anstecken.

VASOLINE wird frenetisch gefeiert und der Neue auch, der gleich zeigt, dass er keine Berührungsængste mit den Menschen in der Front Row hat. Ein weiterer PURPLE man with silver gun und mit einer träne im linken auge ertrage ich wie ein fremder die kryptischen Lyrics aus Weilands feder singt, interpretiert und erstaunlich authentisch meist

Noch ein Purple Song, Super Man silver gun und mit einer Träne im linken Suge ertrage ich, wie ein fremder die kryptischen Lyrics aus Weilands Feder singt, interpretiert und erstaunlich authentisch meistert. Feuerwaffe bestanden? Es bleibt abzuwarten … eine nüchterne Bandvorstellung und zahlreiche Thank y’all-for -coming -out-wirken da weniger aufrichtig, sind aber berechtigt, denn bei diesen Temperaturen ein Indoorkonzert zu besuchen

Eine Blues slide guitar Einlage, die nich ganz zielführend erscheint, mündet schließlich in das geniale Big Empty, einer der besten Songs der frühen Platten, gefolgt von PLUSH in einer fast intimen Singer-Guitarist-Version wird von der Menge regelrecht übersungen. Das Publikum scheint sich fast selbst dabei zu feiern, singt den ganzen Song mit, und als als die Band schließen mit einstimmt drehen alle hohl. Dieser schwere beat, als ob der Drummer wackersteine hinter sich herzieht, so fett, so eindringlich: Ein Höhepunkt des Konzertes!

Zurück zur reduzierten Version tanzen und feiern die Leute immer noch, sich, den Song und vielleicht auch ein wenig Scott.

Zu DOWN räkelt sich der Sänger lasziv vor und um die Mikrostange, richtet sich auf wie eine Schlange in Schlaghosen und erweist sich als exzellenter Performer, das lässt sich kaum leugnen.

Nach 50min und mit demütiger Ansage endlich MEADOW, die erste Single der gemeinsamen Self-titled-Platte. Eine Neuerfindung ist es nicht, denn es klingt nach Stone Temple Pilots, allerdings etwas straffer, durchproduzierter. Eine kleine, intime Geschichte des Gitarristen Don DeLeo und seinem Bruder zur Entstehung des INTERSTATE LOVE SONGS mündet in eben diesen und weitere alte Gassenhauer aus der jüngeren Àra der Pilots, beweisen, dass auch große Refrains aus der Bandgeschichte hervorgingen.

Das Tempo ist hoch und nach 65 Minuten verlässt die Band zum ersten mal die Bühne um sich vom Applaus bitten zu lassen. DEAD AND BLOATED wecken die Geister der Vergangenheit wieder ans Licht die rohe Gitarre schneidet ins Fleisch der verzerrte Gesang, geht durch Mark und Bein und der dräuende Beat unter die Haut. Mittlerweile dürfte sich keiner mehr dem Sog der Band entziehen können, aber neue Fans dürfte es an diesem Abend wohl eh nicht geben

Nach 80 Minuten ist alles vorbei, Professional Rock n’ Roll eben. Ich würde Zeuge einer Rockband, die noch lange nicht am Ende ist, aber immer noch ein wenig mit ihrer Vergangenheit kämpft. Aber ein Wiedersehen wird es geben, denn die Energie, die einst auch durch den charismatischen Sänger Weiland geschaffen wurde, wird neue Wege finden, auch wenn die Band diese Wunde wohl nie ganz schließen kann.

Sebastian Wienert

Redakteur und Fotograf