The Baboon Show – Schwedenhappen im Punkrock
Auf ihrer ausgedehnten Europa-Tournee legen sich das konzertwütige Quartett The Baboon Show mächtig ins Zeug. Als einer der besten Live-Acts aus Schweden werden Sie in der Presse bezeichnet. Kein Wunder, denn seit 2003 machen Sie gefälligen, aber auch rohen Punk, mischen ihre unverkennbare Liebe zu Musik (vor allem für ’70s Punk, Garage und Powerpop) aus den vergangenen Jahrzehnten mit radiotauglichen Refrains zum Mitsingen oder -gröhlen (je nach Alkoholpegel).
An diesem Abend des 04. April 2018 in der Halle des geschätzten Kulturzentrums Schlachthof Wiesbaden wird die Arbeit der letzten Jahre offensichtlich. Ein bunt gemischtes Publikum fast aller Altersklassen erwartet die Skandinavier. Ausverkauft ist der Laden zwar nicht, aber wenn man bedenkt, dass einige Veranstaltungsorte der Tournee bereits aufgrund der großen Nachfrage gegen größere getauscht wurden, ist die Nachfrage beachtlich.
Sportlich soll es zugehen auf den Konzerten des Schwedenpackages, allem voran die energetische Show von Sängerin Cecilia bestimmen die Qualität der Band, die aber nicht nur als Spaßcombo gesehen werden will, sondern auch sozial- und regierungskritische Töne anschlägt (allein der Bandname karikiert die schwedische Regierung, indem er deren Auftreten mit den Machtgebaren männlicher Paviane vergleicht). Ein passendes Aufwärmprogramm zum bevorstehenden 2 1/2 Minuten-Song-Marathon erfahren wir folglich durch die Punkrockband LYGO, die zu dritt dem Genre mehr als gerecht werden und einen soliden Auftritt als Anheizer hinlegen. Sound stimmt, Attitude stimmt, die Bretter sind warmgespielt.
Der eigentliche Beifall gilt aber dem Headliner. Der Abend steht zu Beginn ganz im Zeichen des neuen und bisher eingängigsten Albums „Radio Rebelde“. In nicht ganz akzentfreiem Englisch peitscht Sängerin Cecilia mit ihrer heiser-durchdringenden Stimme durch die ersten Songs und ist ständig in Bewegung, sucht permanent den Kontakt mit dem Publikum, welches der Band Songkenntnis und Leidenschaft entgegenbringt, springt auf Monitore, Absperrungen andere Erhebungen und bestätigt die oben erwähnten Livequalitäten zu 100%.
Es folgt ein abwechslungsreiches Programm durch die über 15-jährige Bandhistorie, man spürt den Vice der Ramones und Blondie. Gassenhauer wie das schunkelige Classic-Rock Stück „Heidi-heidi-ho-ho“ oder „Queen of the Dagger“ stellen das Gespür der Band für gute Gitarren Riffs unter Beweis, ältere Songs wie „Betsy“ oder „The Baboon Show“ aus jüngeren Tagen werden ebenso von den Leuten gefeiert wie das aktuelle „Same Old Story“. Letztere stellen auch die gesellschaftskritische Ausrichtung der Band in den Vordergrund. Die mitteilungsbedürftige Sängerin lässt jedenfalls nichts umkommentiert, schimpft über die ungerechte Verteilung des Geldes zwischen Arbeitern und den oberen Zehntausend und verhöhnt das Establishment.
Am Ende zählt aber vor allem der Rock n‘ Roll und Rampensau Cecilia lässt sich beim Crowdsurfing bis an die hintere Theke der Halle tragen, wo sie erst einmal einen Drink zu sich nimmt („I have a kid, I shouldn’t do this anymore“). Der an Sebastian Escobar erinnernde Gitarrist Hakan Sörle erweist sich ebenso als versierter Geschichtenerzähler und Botschafter der Wahrheit („Fuck you D. Trump“) wie Cecilia und übernimmt während der Auszeit an der Bar das Mikrofon. Zum großen Finale erscheint sie wieder auf die Bühne, diesmal mit transparentem Netzoberteil und abgeklebten Brustwarzen, um den Leuten den Rest zu geben.
Trotz Spaß an ausufernder Punkfeierlaune präsentieren sich The Baboon Show als Ernst zu nehmende und musikalisch gestandene und selbstbewusste Band, die hoffentlich noch eine Weile die Musiklandschaft beglücken wird.