„Widerstand ist zwecklos“ – Die Batschkapp im Bann von Knorkator
Wenn Deutschlands meiste Band der Welt auf Tour geht, hat das einen eigenen Charme, dem man sich nur schwer entziehen kann. Denn bei dem live gebotenen, bizarren Wechselbad aus bunt zusammen gewürfelten Stilistiken, rüdem Gefluche und zarter Poesie bis hin zu pathetischem Größenwahn und infantilem Blödsinn ist innerer Widerstand zwecklos. Besser gesagt: „Zweck ist widerstandslos“. Denn so lautet der Titel der ausgedehnten Tour, auf der sich Knorkator bis April 2020 begibt. Am 25.10.2019 hat die Rockband aus Berlin dabei die Batschkapp Frankfurt genauso fasziniert wie durchdrehen lassen.
Ein Knorkator-Konzert ist nicht wie das andere und erst recht wie alle anderen Konzerte. Dabei sollte der unerfahrene Besucher recht wenig Scham mitbringen, um sich ungehemmt der schillernden sowie außergewöhnlichen Musikformation hingeben zu können. Dementsprechend starten die Berliner mit ihrer „Absolution“ in der proppenvollen Batschkapp. Im Gold glitzernden Outfit samt plüschigen Puschel-Hausschuhen steht der kleine Stumpen auf dem Podest, während er in hohem Operngesang seine schein-lateinischen Wörter jenseits der Schamgrenze trällert. Ebenso glitzernd flankieren Alf Ator am Keybord und Buzz Dee an der Gitarre die skurrilen Inhalte bei „Es kotzt mich an“ oder „Du bist schuld“ im aggressiven Metalsound. Alf, der sich auch als Komponist und Texter verantwortlich zeichnet, stampft in überdimensionalen Plateauschuhen über die Bühnen, um mal mit Stumpen im Duett oder mal solo zu singen. Derweil treibt Buzz Dee mit seiner hippen Retro-Figur und seinem harten Gitarrenspiel selbstbestimmt den Sound voran.
Natürlich dürfen die Songs der neuen Scheibe „Widerstand ist zwecklos“ nicht fehlen. „Buchstabensuppe“, „Revolution“ oder auch das Cover „Ring my Bell“ werden wie weitere Stücke bunt in die Playlist eingebaut. Ein wildes Potpourri quer durch die über 20 Jahre Knorkator-Geschichte ergießt sich über das ebenso mannigfaltige Publikum, das sich vor der Bühne tummelt. Man erntet bekanntlich, was man säht. Die Anhänger heute Abend sind textsicher und erfreuen sich der Show, die allen voran durch den Sänger stellenweise extravagante Ausmaße annimmt. Stumpen, mal mit Diskohalbkugel auf dem Kopf, mal mit allzu weiblicher Latexhose bekleidet, aber stets Oben Ohne, gibt dem Handy eines Fans auch gerne ein persönliche Note mit, indem er es für eine Weile in seiner engen Hose trägt, zuerst vorne dann hinten. Die Berliner Schnauze mit temporärer Pumuckl-Stimme macht sich aber nicht alleine zum Affen. Zwei willige Fans werden bei „Ich hasse Musik“ zum Keyboardsständer. Eben dieses wird an Helmen befestigt, auf dem Alf wie immer mit Anmut und Körperspannung spielt. Hier bekommt man noch was geboten fürs Geld und der menschliche Keyboardständer im Anschluss einen anständigen Applaus. In der Zugabe lässt Alf zusammen mit Stumpen den Popo-eten raus, wobei die Beiden mit „Coming in“ ein kurioses Gedicht zum Thema „Selbstbespielerei“ vortragen.
Band und Fans haben sich an diesem Abend in Frankfurt mit Hingabe der Show verpflichtet und sind sich für nichts zu schade gewesen. Die Bühnenshow bedient sich doch trotz allem willkürlich wirkendem Klamauk ausgewählter Zutaten und vereint das Beste aus verschiedenen Welten. Was daraus entsteht ist die knorke Welt von Knorkator, angesiedelt im Irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn. Denn wie besingt die Band (ironisch) im Lied „Rette sich wer kann“: „Die Farben leuchten, die Lichter funkeln und alles dreht sich zur Musik. So ist es perfekt, so soll es bleiben. Für immer Liebe, Spaß und Glück.“ Glück erfüllt, lyrisch erleuchtet und musikalisch durchgeschüttelt heißt es dann am Ende für alle: „Zähneputzen, Pullern und ab ins Bett“.