Within Temptation auf „Bleed Out“ Tour in der Frankfurter Jahrhunderthalle
Fast drei Jahrzehnte machen die Holländer schon Musik, aber das aktuelle Album „Bleed Out“, das mit dieser Tour promotet wird, wirkt kein bisschen altbacken. Ganz im Gegenteil ist es so, dass ich mir für dieses Konzert am 23.10.2024 bereits im Vorfeld eine Karte gekauft hatte, nur um sicher zu gehen, dass ich auch tatsächlich dabei bin. Spoiler Alarm: meine Erwartungen wurden übertroffen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an das Team der Batschkapp, die als Veranstalter für dieses Konzert harte Arbeit geleistet haben.
Aber der Reihe nach. Im Gegensatz zum Arch Enemy Konzert vor ein paar Tagen war diesmal die Parkplatzsituation vor der Jahrhunderthalle entspannt. Den einzigen Stau des Abends haben die Fans an den Türen verursacht, als sie darauf warteten, dass sie eingelassen würden. Die knapp 500 Meter lange schwarze Schlange verkürzte sich nach der Öffnung aber sehr zügig und die Jahrhunderthalle füllte sich langsam.
Als Opener, wurde kurzfristig die ukrainische Band Blind8 eingesetzt, die in ihrer noch jungen Karriere immerhin schon die Single: „Labyrinth“ zusammen mit Within Temptation produziert haben. Live merkt man allerdings schnell, dass die Band noch roh und ungeschliffen ist und die Bühnenperformance einige Luft nach oben lässt. Der Metalcore mit Symphonic-Elementen hat die Anwesenden aber durchaus in Stimmung gebracht. Dem Opener verzeiht man schon mal gesangliche Fehltritte. Erfahrung kommt nun mal nur durch Praxis.
Praxis von der die nun folgende Band Annisokay aus Halle deutlich mehr zu bieten hat. Mit fettem Post-Hardcore Sound heizen die Vier der Jahrhunderthalle ordentlich ein. Warum sie aber, bei eh schon gekürzter Setlist, unbedingt noch Gott und die Welt (bis hin zum neuen Busfahrer) danken müssen, war mir schleierhaft. Die Zeit dafür hätte man für einem weiteren Song nutzen können. Dem Drummer Nico zu danken, der die Band nach der Tour verlassen wird, hätte gereicht. Musikalisch sind die Jungs aber für mich die Überraschung des Abends gewesen. Besonders der Song „Human“ fand nicht nur bei mir sehr großen Anklang, auch der Rest der versammelten Meute ging steil. Ich mag die Mischung aus weicher Stimme des Gitarristen Christoph und dem rohen Shoutings von Rudi. Getoppt wurde die Stimmung eigentlich nur noch, als sie den Song „One Step Closer“ von der kürzlich wieder erwachten Band Linkin Park coverten. Ich werde ein Auge auf der Band halten, da kommt sicherlich noch mehr geiles Zeug.
Apropos, „geiles Zeug“. Nach so viel Vorspiel wurde es Zeit für den Höhepunkt. Within Temptation steht in den Startlöchern und allein das Bühnenbild macht schon klar, sie sind nicht gekommen, um die kleinen Brötchen zu backen! Eine Mischung aus griechischen Säulen und einer angestrahlten Back-Wall, welche über die komplette Bühnenbreite ging, zeichnete ein Endzeitszenario, das seines gleichen sucht. Die mit viel Liebe zum Detail erzeugten Grafiken, welche auf den Hintergrund geworfen wurden, waren teilweise so atemberaubend, dass mir die Worte fehlen, das alles wieder zu geben (unbedingt hingehen und selbst staunen). Aber nicht nur visuell hat diese Show einiges zu bieten. Der Sound war grandios und hat mir in den hochtonigen Parts von Sharon den Adel mehr als einmal Gänsehaut über Rücken und Arme gejagt. Hier zeigt sich die Erfahrung einer Band und deren Crew, die am oberen Ende der Nahrungskette agiert, ohne auf der Stelle zu treten. Davon zeugt generell das neue Album. Die Themen am Puls der Zeit oder aber mit dem Finger in der Wunde. So ist es nicht weiter überraschend, dass auch viele der gespielten Titel aus den neueren Alben stammten und nur wenige ältere Lieder vorkamen. Aber auch hier gab es ein Crossover mit Annisokay, bei dem Christoph zu einem Duett mit Sharon zurück auf die Bühne kam, oder ein Alex Yarmak, der als Spezial Guest zusammen mit Within Temptation die Bühne gerockt hat.
Viel Metal also für übersichtliches Geld. Störend war eigentlich nur, dass das Ganze an einem Mittwoch stattfand. Das Erwachen am nächsten Morgen war hart und es würde mich nicht wundern, wenn einige Arbeitgeber plötzlich eine Krankmeldung ihrer besten Mitarbeiter zu beklagen hatten.
Setlist Within Temptation FFM:
We Go to War
Bleed Out
Ritual
Shed My Skin (with Christoph Wieczorek)
Wireless
The Reckoning
Stand My Ground
A Fool’s Parade (with Alex Yarmak)
The Promise
Supernova
Angels
Faster
Paradise (What About Us?)
Zugabe:
Our Solemn Hour
All I Need
Mother Earth